Wann gibt's endlich wieder Wurschtsalat?

Grenzüberschreitender König der Salate mit Kultcharakter

Wurstsalat wird in der Gastronomie auf unterschiedlichste Weise kredenzt. In einem Lokal in Schwäbisch Gmünd lag ein abgebrochenes Stück vom Kochlöffel drinnen, in einer Mühle im Siebenmühlental schmeckte er ohne Kochlöffel wie in Schwäbisch Gmünd. Essig, Wasser und Öl. Aber frische Zwiebeln drauf! Seither esse ich Wurstsalat zu Hause.

Wurstsalat bzw. dessen Herstellung ist eine Frage der Filosofie (schreibt man das jetzt so?) oder Landeszugehörigkeit. In Bayern heißt Wurstsalat eigentlich Lumpasupp. Das kommt daher, daß es dort die Baazis gibt. Was das für Leute sind läßt man sich am Besten im Lande erklären. Die Frage muß allerdings vorsichtig gestellt werden! Der schwäbische Wurstsalat unterscheidet sich von der bayerischen Lumpensuppe nur durch das Weniger an Wasser, also quasi eine schottische Variante des Bayernsalats. Dort schwimmt die Wurst üppig in der Brühe. Einen elsässischen Wurstsalat ißt man schmackhaft in Baden. Im Elsaß selbst ist es durchaus möglich, daß eine der Länge nach halbierte Servelat in etwas Tunke angeschwommen kommt. Der Schweizer Wurstsalat ist dem deutschen "Elsässer" gleich. Aber aufpassen daß nicht nur die Käselöcher drin sind.

Eine schicksalsschwangere und Wurstsalat prägende Geschichte soll hier erzählt werden. Eine Reise nach Bayern endete in Isny beim Bayerischen Wirt. Ist ewige Jahre her und nicht nachzustellen. Dort war die Wunschvorstellung ein bayerischer Wurstsalat. Isny ist aber nicht bayerisch. Der Koch kannte auch nicht die Kochkunst der Nachbarn, nahm sich jedoch die Kundenvorstellung, also meine, an. Er erklärte, er würde etwas Entsprechendes kreieren. Was dann auf den Tisch kam war wurstsalatprägend, deshalb auch dieses Sonderkapitel. Wurst, Backsteinkäse, Salatgurke, Dill in einer himmlischen Soße. Ich danke heute noch dafür.

Ich bastle seit Jahren immer wieder an neuen Variationen, wobei ich die aus Isny so in etwa verraten will. Öl und Essig verquirlen. Das wird beim Links- oder Rechtsdrehen daraufhin eine dickliche Marinade (die Richtung ist wurscht und das gilt nicht nur beim Wurschtsalat). Salz, Pfeffer, Senf, Maggi, Knoblauch, Dill, eine Prise Zucker, Pulver von Fleischbrühe oder aufgelöste Fleischbrühe und je nach Geschmacksnerven Creme Fraiche rein (dann kann etwas Chillipulver gestreut werden). Wenn Käse dazu soll, dann Limburger und Emmentaler in der Soße einweichen. Majoran und ein Spitzchen Basilikum kann man zufügen. Ein bis zwei Stunden ziehenlassen. Irgendwann mal Salatgurke und Essiggurke hinzufügen. In Bayern gibt es diesen Limburger oder Backsteinkäse ohne Wurst mit Zwiebeln und frischem Brot. Hinfahren und Türkeireise streichen. Werden die Zwiebeln weich gewünscht, dann einfach einsalzen und kurz danach in die Soße, ansonsten erst vor dem Servieren leicht gesalzen zufügen. Paprikapulver darübergestreut erfreut die Augen.

Diese Grundsoße kann man natürlich verfeinern bis zum Abwinken. Ist Pfusch gebaut worden, wird der Wurstsalatentwurf gewaschen und neu begonnen. Wasser drüber und die ganze Soße abgießen. So macht Kochen Spaß. Bei Mehrfachversuchen schmeckt allerdings die Wurst irgendwann auch nicht mehr.

Neben Soßenkreationen kann auch mit den Zutaten recht fein gespielt werden. Schwäbisch wird es wenn in die Schüssel noch Schwarzwurst zur Lyoner kommt. Sehr pikant schmeckt auch ein fein geschnittenes Wienerle oder eine Ergänzung mit Fleischkäse oder Schinken. Also wirklich ein Gericht das nie gleich schmecken muß. Garniert mit Salaten ergeben sich unendliche Variationsmöglichkeiten.

Hat man den gnadenlosen Einfall, aus Wurstsalat ein Komplettessen zu machen, so legt man vorgekochte und kleingeschnittene Kartoffeln in die heiße Fettpfanne und hat nach 10 Minuten feinste Back- bzw. Bratkartoffeln. Fett immer in die heiße Pfanne geben, sonst ist es schon verbrannt bevor wir anfangen. Diese gehören natürlich auch gewürzt, aber erst zum Schluß, sonst gibt es Matsch. Auch die Zugabe von Zwiebeln mag wohl überlegt sein. Diese ziehen Wasser und die lang erwarteten Gäste muß man ausladen. Brät man die Zwiebeln vorher oder gleichzeitig in einer anderen Pfanne an, hat man das Problem gelöst. Es besteht nur noch die Schwierigkeit der Hausfrau zu erklären, daß Man(n) schon wieder soviel Pfannen benötigt hat, die die arme Spülmaschine spülen muß.

Um all das zu umschiffen können auch Pommes Frittes gefertigt werden. Cholesterinbewußte Frauen und Männer verzichten hierbei auf Plattenfett und nehmen Rapsöl oder Biskin. Keinesfalls kaltgepreßte Öle in Wallung bringen!

Diesen Wurstsalat zu erstellen kostet wenige Minuten mehr Aufwand gegenüber dem aus Schwäbisch Gmünd beschriebenen. Liebe Gastronomen: Bei den abgehobenen Preisen für diesen Salat kann das von einer anständigen Küche verlangt werden. Essig, Öl und Wasser, dafür muß man nicht Koch lernen. Und wer keinen gelernten Koch beschäftigt, sollte keine Traumpreise in Rechnung stellen.

Das oben Beschriebene und Erlebte ist keine Wertung gegen eine Stadt oder ein wirklich reizendes Tal. Diese Art Wurstsalat kann man überall finden und leider viel zu oft. Ich fand's halt leider an beschriebenen Orten. Vielleicht gibt es dort inzwischen die Superlative von hervorragend.

Sind Sie aus dem Raum Freiburg/Schwarzwald oder auf dem Trip dorthin, dann lesen Sie hier mal rein. Wurstsalat bewegt Deutschland mehr als die Bundespolitik!

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